Depressionen: Immer mehr Kinder und Jugendliche in Deutschland leiden

Die steigende Anzahl an Depressionen unter Kindern und Jugendlichen in Deutschland lässt die Wissenschaft aufhorchen; und die Medien befassen sich zunehmend damit. Das ist gut so – zum Wohl der Kinder und Jugendlichen.

Zunächst: Was versteht man unter einer Depression?

Die Depression ist eine psychische Störung, die heutzutage unter besten Voraussetzungen gut diagnostizier- und behandelbar ist. Sie zeigt ein individuelles Krankheitsbild und kann unterschiedlich stark ausgeprägt sein. Zudem geht sie meist mit anderen psychischen oder körperlichen Erkrankungen einher. Man beschreibt die Depression am besten mit einem Durcheinander der Gefühls- und Stimmungslage: Das innere Erleben und die kognitive Bewertung von Reizen geraten durcheinander – die wichtigsten Symptome dabei: Freud- und Interessenlosigkeit, Antriebsminderung, Müdigkeit, sinkendes Selbstwertgefühl, Schuldgefühle, erschwerte Entscheidungsfindung, vermindertes Konzentrationsvermögen, Appetitlosigkeit, Schlaflosigkeit, psychomotorische Verlangsamung und Stimmungsschwankungen. Schwerwiegende Depressionen können Suizidgedanken hervorrufen – im schlimmsten Fall begehen Betroffene sogar Selbstmord.

Wie entstehen Depressionen?

Eine Depression kann mehrere Ursachen haben, die meist kombiniert auftreten: Es spielen sowohl genetische, neurobiologische und psychosoziale Faktoren eine Rolle. Aus genetischer Sicht können betroffene Kinder nur vermindert mit stressigen Lebenssituationen umgehen; neurobiologisch betrachtet verändern Umwelteinflüsse die neuronalen Strukturen des Gehirns. Laut Psychologen haben aber auch psychosoziale Faktoren, die Kinder stark belasten oder überfordern, einen nicht zu unterschätzenden Einfluss auf die psychische Gesundheit.

Woran erkennt man Depressionen bei Kindern und Jugendlichen?

Experten diagnostizieren eine Depression mit zwei Instrumenten: Der Internationalen Klassifikation psychischer Störungen (ICD-10) oder dem Diagnostischen und Statistischen Manual Psychischer Störungen (DSM-V). Der DSM-V geht zwar spezieller auf die Diagnostik kindlicher Depressionen ein, doch bevorzugt wird aber meist die ICD-10.

Kinder sind keine kleinen Erwachsenen – eine kindliche Depression kann sehr komplex sein und verläuft oft nicht so wie bei Erwachsenen. Damit wird es schwierig sie zu erkennen. In Abhängigkeit vom Alter und Entwicklungsstand können unterschiedliche Symptomatiken auftreten; oft maskieren die Kinder und Jugendlichen Ihre Depressionen: durch eine teils verwirrende Symptomatik oder fehlender Ausdrucksmöglichkeiten. So wird die Krankheit oft verkannt und nicht rechtzeitig behandelt.

Wie viele Kinder und Jugendliche in Deutschland sind von einer Depression betroffen?

Durchschnittlich leidet einer von 20 Kindern und Jugendlichen an einer Depression – die Zahlen steigen. Viele Kinder und Jugendliche sind aufgrund psychosozialer Faktoren gefährdet: Armut, Vernachlässigung, kranke Familienangehörige u.v.m. Die Erkrankungsgefahr steigt mit zunehmenden Alter – daher sind besonders Jugendliche betroffen. Da eine Depression meist in Kombination mit anderen psychischen Störungen auftritt geht die Wissenschaft eher von höheren Gefährdungs- und Erkrankungsraten aus. So gelten durchschnittlich 10-20% der Kinder und Jugendlichen als Risikogruppe für die Entwicklung psychischer Störungen.

Wo bekommt man Hilfe bei Verdacht einer Depression im Kindes- und Jugendalter?

Eine Depression bei Kindern und Jugendlichen sollte bestenfalls durch speziell ausgebildetes Fachpersonal erfolgen, gerade weil die Betroffenen sie oft maskieren. Oft ist es aber für Betroffene schwierig den richtigen Ansprechpartner zu finden, weil  das kinder- und jugendpsychiatrische Hilfesystem in Deutschland sehr komplex ist. Daher wenden sich viele zunächst an den Kinder- oder Hausarzt. Problem: ohne entsprechende Fachkunde besitzen diese Ärzte aber nicht die Qualifikation zur Diagnostik depressiver Störungen bei Kindern und Jugendlichen – sie sollten daher an einen Spezialisten überweisen. Dies geschieht oft nicht! Bleibt die Hoffnung, dass Betroffene an andere Kompetenzstellen geraten und wertvolle Tipps bekommen, die sie durch das kinder- und jugendpsychiatrische Hilfesystem lotsen: Beratungsstellen oder Kinder- und Jugendeinrichtungen.

Welche Folgen hat eine nicht rechtzeitig erkannte Depression?

Nicht selten kommt es zu Behandlungsverzögerungen: Gemeint ist damit die Zeit zwischen dem Erstauftritt der Depression und dem Erhalt einer frühzeitigen Diagnostik mit angemessener Therapie. Folgen: Unnötiges Leid und Krankheitsverschleppungen bis ins Erwachsenenalter mit negativen Konsequenzen für den Betroffenen und die Gesellschaft: darunter geringere Bildungschancen, fehlende Zukunftsperspektiven, Anfälligkeit für weitere Erkrankungen.

Quelle:
Hepper, Benjamin (2018): Depressionen
bei Kindern und Jugendlichen im Alter von 3 bis 18 Jahren – Befragung von
Berliner Eltern zu den Kenntnissen und der Akzeptanz bestehender Zugangswege zum
kinder- und jugendpsychiatrischen Hilfesystem. Bachelorarbeit in Gesundheitswissenschaften an der Charité-Berlin.

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